Ein Besuch auf dem Obsthof Medewege
Von Sebastian Hecklismüller, Einkauf Obst und Gemüse bei Naturkost Nord
Zusammen mit Wolf Kloth und Sophia und Johannes Schmidt vom Obsthof Medewege in Schwerin schlendere ich über die wunderschöne Wiese mit Apfelbäumen. Überall hängen die verschiedensten Äpfel an den Bäumen, oder liegen darunter auf dem Boden. Über 100 verschiedene Apfelsorten reifen hier – die meisten werden zu Saft verarbeitet, aber viele sind auch zum Rohverzehr oder zum Backen geeignet, wie z.B. die "Graue französische Reinette", der "Kaiser Wilhelm" oder die "Goldparmäne"! Historische Apfelsorten erkennt man zunächst einmal an ihrem Namen - wer würde heute noch solche Namen vergeben? Aber trotz ihrer angestaubten Namen aus längst vergangenen Zeiten, können diese Apfelsorten mit etwas aufwarten, was zeitlos und daher immer modern ist und sein wird: ein guter Geschmack! Dabei ist "guter Geschmack" noch viel zu kurz gegriffen, denn bei den meisten dieser Apfelsorten erwartet die Genießer ein Spektrum an Aromen, die man gar nicht mehr mit Äpfeln in Verbindung bringt! Wir können daran erkennen, welchen Preis wir bezahlt haben, als Sorten gezüchtet wurden, die
- möglichst rot gefärbt
- möglichst lange lagerfähig
- möglichst süß und knackig
sind. Dabei möchte ich betonen, dass ich keineswegs neuere Apfelsorten und moderne Lagertechnik schlecht machen möchte! Denn ich kenne noch die Zeit, als die meisten Äpfel schon im Januar nicht mehr geschmeckt haben, weil sie ganz einfach richtig "mehlig", also mürbe waren. Früher entsprach dieses "mehlige" Mundgefühl übrigens eher dem Massengeschmack. Außerdem hatten die Menschen damals einfach oft sehr schlechte, oder mit fortschreitenden Alter auch immer weniger Zähne, daher waren mürbe Äpfel eher gefragt, da sie auch ohne gute Zahnsubstanz genossen werden konnten. Dies ist zum Glück heutzutage ganz anders! Und daher freuen wir uns, wenn wir bis Juli oder sogar August knackige Äpfel aus dem Vorjahr genießen können! Dies liegt zum einen an den neueren Züchtungen, die auf Ertrag, Optik (also rot oder rotbackig), sowie auf Süße und Lagerfähigkeit gezüchtet wurden. Andererseits natürlich auch an moderner Lagertechnik, denn heute werden Äpfel nicht mehr auf dem Obsthof im romantischen Gewölbekeller gelagert, sondern in sogenannten CA (Controlled Atmosphere) Lagern. Dort bleiben die Äpfel unter speziellen Bedingungen besonders lange frisch, der Alterungsprozess wird praktisch komplett ausgebremst. Dort lagern dann, nachdem die Ernte im November abgeschlossen wurde, die bekannten Sorten, wie Elstar, Jonagored, Cox Orange, Holsteiner Cox, Topaz und Co. Und das ist, wie gesagt, auch gut so, auch diese Sorten haben ihre Berechtigung!
Aber auch die alten Apfelsorten sind wichtig:
- natürlich wegen ihres guten Geschmacks
- oft sind diese alten Sorten sehr gut für Allergiker geeignet, da sie weniger allergene Stoffe enthalten. Wenn Sie also eigentlich keine Äpfel vertragen, dann versuchen Sie es mal vorsichtig mit den alten Apfelsorten. Dies ist allerdings von Mensch zu Mensch unterschiedlich – allgemeine Aussagen lassen sich hier nicht treffen – im Zweifel sprechen Sie lieber mit Ihrem Arzt
- in den extensiven Kulturen bietet sich viel Platz für Tiere und Pflanzen, denen in intensiven Kulturen kein Raum mehr gegeben werden kann.
- Diese Sorten sind ein kulturelles Erbe unserer Vorfahren, welches bewahrt werden sollte
Sophia und Johannes Schmidt, Wolf Kloth, und auch uns, dem regionalen Großhändler Naturkost Nord, ist es ein besonderes Anliegen, dieses Wissen über die alten Apfelsorten zu den Einzelhändlern und auch zu den Endverbrauchern zu tragen! Dazu gehören auch folgende Fakten:
- die meisten dieser Apfelsorten schmecken am Besten, wenn diese möglichst bald nach der Ernte verzehrt werden. Daher packen Sophia, Johannes und Wolf die Äpfel jetzt in praktische 5 kg Kisten, so dass der Einzelhändler immer frisch geerntete Äpfel bei sich im Laden hat!
- der Ertrag dieser Apfelsorten ist sehr gering, dafür ist der Arbeitsaufwand bei der Ernte viel größer als bei modernen Sorten. Daher sind die historischen Apfelsorten etwas teurer, als Elstar und Co.
Und jetzt ist es an der Zeit, diese wunderbaren Äpfel zu genießen, und dabei von einer schönen Obstwiese zu träumen. So wie die Wiese, auf dem Hof Medewege, denn die sieht wirklich noch so aus, wie viele Werbebilder es heutzutage noch suggerieren wollen, obwohl es schon lange nicht mehr so ist – aber auf dem Obsthof Medewege, da sieht es noch so aus, und man schmeckt das, bei jedem Biss in einen leckeren "Finkenwerder Herbstprinz", "Auralia" oder "Altländer Pfannkuchen"! Guten Appetit!
Hier geht es zum: Hof-Profil des Hof Medewege!
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